Jedes Jahr erkranken in Österreich im Schnitt 300 Kinder an Diabetes Typ 1. Sogar Kinder unter 5 Jahren sind immer häufiger davon betroffen. Man schätzt, dass insgesamt 4000 Kinder und Jugendliche davon betroffen sind und es künftig immer mehr werden.
Diabetes Typ 1
Über 90% aller von Diabetes betroffenen Kinder und Jugendlichen haben den sogenannten Typ-1-Diabetes, bei dem das körpereigene Abwehrsystem Antikörper gegen die insulinproduzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse produziert und diese zerstört. Ohne das Hormon kann der Energielieferant Zucker nicht mehr in die Körperzellen gelangen und reichert sich im Blut an. Die Ursache für die Antikörperbildung ist bis heute nicht bekannt. Man nimmt an, dass mehrere Faktoren wie Vererbung, Immundefekte sowie äußere Einflüsse (z.B. Infektionen, Stress) für die Krankheit verantwortlich sind. Es ist wichtig zu wissen, dass diese autoimmune Stoffwechselerkrankung nicht ansteckend ist und auch weder Eltern noch die erkrankten Kinder „schuld“ am Auftreten von Diabetes sind!
Kinder mit Diabetes brauchen Hilfe
Mehr als 90% aller Kinder haben mittlerweile eine flexible Insulintherapie mit einer Insulinpumpe oder eine funktionelle Therapie mit einem Insulin-Pen. Jedes Kind mit Diabetes, vor allem jüngere Kinder, ist auf die Unterstützung ihrer Eltern und ihrer Betreuungspersonen (Tagesmütter, Kindergartenpädagogen, Lehrer) angewiesen. Es handelt sich dabei nicht um komplizierte medizinische Hilfestellungen, für die man eine spezielle Ausbildung benötigt, sondern vielmehr um kleine Erinnerungen, Unterstützung bei einfachen Rechenvorgängen der Insulinpumpe und grundlegende Kenntnisse in Erster Hilfe.
Das Bundesministerium für Unterricht Kunst und Kultur empfiehlt Pädagogen ohnehin regelmäßig an Erste Hilfe Grund- bzw. Wiederholungskursen teilzunehmen. Besonders gilt dies für Lehrkräfte, die „Bewegung und Sport“ unterrichten. Leider wissen auch Sportlehrer, die oftmals sehr bemüht sind und jungen Diabetikern die Teilnahme am Unterricht ermöglichen wollen, zu wenig über das Zusammenspiel von Bewegung, Insulin und Kohlenhydraten. Statistisch betrachtet befindet sich in jeder Klasse mindestens ein chronisch krankes Kind. In vielen Klassen sitzen jedoch mehrere Schulkinder mit chronischen Erkrankungen.
Informieren Sie die Schule darüber
Eine Studie der PH Steiermark brachte zutage, dass nur 48% aller Lehrer über die Tatsache, dass sie ein diabetisches Kind unterrichten, Bescheid wissen. Nur 41% von ihnen wüssten, wie sie im Notfall normale Erste Hilfe-Kenntnisse richtig anwenden. Vielen ist auch der Unterschied zwischen Typ-1 und Typ-2-Diabetes nicht bewusst. Es kann vor dem Hintergrund der zahlreichen unterschiedlichen Erkrankungen der Schulkinder mit ihren jeweiligen Herausforderungen nicht von den Lehrern erwartet werden, dass jeder umfassend über Diabetes informiert ist. Die Informationspflicht liegt zu Beginn in erster Linie auf der Seite der Erziehungsberechtigen bzw. des erkrankten Kindes/Jugendlichen.
Vereinbaren Sie mit dem Klassenlehrer oder Direktor einen Termin für ein Gespräch, auf das Sie sich vorbereiten. Nehmen Sie Informationsmaterial mit, fertigen Sie ein kurzes Schreiben an, in dem die wichtigsten zu besprechenden Punkte angeführt sind. Dies sollte in der Schule verbleiben, sodass jederzeit nachgelesen werden kann. Lassen Sie die Informationen jedem Lehrer zukommen, der ihr Kind unterrichtet. Schildern Sie dem Lehrer ganz offen und ehrlich die Probleme und Besonderheiten Ihres Kindes und suchen Sie gemeinsam nach einer praktikablen Lösung, wenn es z.B. um Schulveranstaltungen wie Sportwochen oder Wandertage geht. Ein wesentlicher Punkt ist dabei die Organisation des Schulalltages. Schon kleine Änderungen wie beispielsweise Lehrplanänderungen oder spontane Änderungen in der Pausengestaltung haben durch das geänderte Bewegungsverhalten Einfluss auf den Diabetes.
„So wenig Ausnahmen wie möglich, so viele wie nötig“
Viele Lehrer haben schlichtweg Angst etwas falsch zu machen. Hilfreiche Informationen und das Miteinbeziehen der Lehrer können hier Sicherheit und Ruhe schaffen. Lehrer können einem Kind mit Diabetes bei Vielem behilflich sein, was den Alltag erleichtert. Lösungsvorschläge stellen jedoch keinen Rechtsanspruch dar, d.h. die Schule mit Forderungen zu „überfallen“ wird sich eher negativ auf das Kind auswirken. Fühlen sich Lehrkräfte miteinbezogen und ernst genommen, lassen sich viele Probleme im Vorfeld vermeiden. Das Prinzip „So wenig Ausnahmen wie möglich, so viele wie nötig“ sollte man dabei stets vor Augen haben. Gelungene Integration der betroffenen Kinder und Jugendlichen bedeutet für sie einen immensen Zuwachs an Lebensqualität und kann somit für die Entwicklung einer stabilen Persönlichkeit nicht genug bemessen werden.
Schulung für die Betreuer
Je nach Bundesland organisieren bereits jetzt Diabetes-Teams der unterschiedlichen Behandlungszentren in Schule und Kindergarten Schulungen für die Betreuer. Auch von Eltern gegründete Initiativen wie z.B. die Selbsthilfeorganisation Diabär oder der Österreichische Verband für Diabetes sind äußerst engagiert und bemüht, in Gesprächen Pädagogen, Mitschülern oder Betreuern die Angst vor dem Diabetes zu nehmen. So werden Info-Rundschreiben an Schulen verschickt oder hilfreiche Broschüren aufgelegt. Da immer mehr an Typ-1-Diabetes leidende Kinder in unsere Schulen und Kindergärten kommen, ist ein klar definierter rechtlicher Rahmen unerlässlich.
Die zeitlichen und finanziellen Kapazitäten der verschiedenen Behandlungszentren sind begrenzt, die Kosten werden weder von der Krankenkasse noch von den Betreuungsinstitutionen übernommen. Deshalb ist es umso wichtiger, dass chronisch kranke Kinder eine adäquate Betreuung durch geschulte Personen erhalten, die auch rechtlich in ihrem Tun und Handeln abgesichert sind.